Bachmannpreis 2017 - Kunst, Information oder kann das weg?

Diese Woche Donnerstag, am 5. Juli, beginnen in Klagenfurt die Lesungen um den Bachmannpreis 2017.

Bevor wir die vorgetragenen Texte der jeweils sieben geladenen Autorinnen und Autoren kennenlernen, gibt es vorab schon mal Gelegenheit, diese - mehr oder weniger - persönlich kennenzulernen.

Die zwei- bis dreiminütigen Videoclips, mit denen die KandidatInnen sich vorstellen, sind auf den Autorenseiten unter bachmannpreis.at abrufbereit. Geben die Präsentationen Aufschluss über die ProtagonistInnen? Oder sind sie doch eher just for fun?

Noemi Schneider hat sich eine Nashorn-Maske aufgesetzt,  studiert eine "Kleine Benimm-Dich Fibel", raucht zwischendurch eine Zigarette und reagiert auf eine Relaxmassage-Handy-Werbung für "Müttern" und "Nicht-Müttern".

 

Barbi Markovic berichtet, dass sie in Ohnmacht falle, wenn sie Blut sehe, in letzter Zeit viele Hobbies habe, niemand sein eigenes Buch im Museumsquartier lese, ohne Tomaten alles nichts wäre und sie stellvertretende Schriftführerin im hauseigenen Kulturverein sei, der Lesesalons veranstalte.

 

Verena Dürr hat zwei Träume: Einmal ein Libretto zu schreiben und das erste Wiener Muschelhornorchester zu gründen. Außerdem sind Orte für sie "Inspiration pur". Im Hintergrund klaviert es: "As time goes by."

 

Die geforderte Selbstdarstellung zu verweigern, indem man mit der Präsentationsform "Autorenporträt" spielt, sie ironisiert, wird von Fans der TDDL-Videoporträts immer gern gesehen und sagt durchaus auch etwas über die solcherart sich vorstellenden AutorInnen: Sie sind offenbar keine sauertöpfischen BuchstabenstellerInnen, sondern lustige Personen.

 

Urs Mannhart stellt sich als "Schriftsteller und Knecht im ersten Lehrjahr" auf dem schweizer Quellenhof vor. Die begleitend präsentierte Naturidylle macht gehörig Lust auf einen zutiefst antiidyllischen Text. Who will know?

 

Karin Peschka führt durch die langen, weiten Gänge ihres Elternhauses, das ein ehemaliges Gasthaus ist - "ein Setzkasten für Erlebtes und Erfundenes" - und stellt fest: "Alles ändert sich. Und das ist gut so."

 

Auch Gianna Molinari raucht eine Zigarette. Zudem jongliert sie mit Bällen und bekennt, Dinge zu mögen, die "um die Ecke kommen". Frau Molinari bezeichnet sich als einen ungeduldigen Menschen, zeigt das Haus, in dem sie wohnt, und Sammelstücke: Dominosteine, Glöckchen und diverse Steinchen.

 

Bei Eckhart Nickel tropft der Wasserhahn, wird ein schönes Büchermenscheninterieur nebst asiatisch gestaltetem Garten gezeigt und ist ein Gedicht von verdrehtem Holz, stückiger Rinde und vergilbtem Moos zu hören. Nur gut, dass am Ende der Wasserhahn abgedreht wird.

 

Maxi Obexer stellt sich mit einer szenischen Biographiepräsentation unter dem Motto "Aber auch wenn du nichts bist. Etwas musst du doch sein." vor. Darin dominieren NEIN und DOCH. Leben im Widerspruch.

 

Jackie Thomae macht auf mit dem gestickt-bestrickenden Leitsatz: "Schön ist das Morgenlicht, o Mensch verschlafe nicht." und arbeitet sich dann durch diverse Leitsätze über das Schreiben, u.a. von Kerouac, Bernhard, Atwood, Doyle. Aber was sind schon Regeln!

 

Jörg-Uwe Albig lässt vorzugsweise englischsprechende Menschen etwas über das Leben sagen, z.B., dass Protest oder Spiritualität oder Verharren wichtig seien. Ausserdem geht es um den Gedanken, dass die Leute ideenreicher werden, und die Frage, ob sie aggressiver sind".

 

Daniel Goetsch hat einen Friedhofspark entdeckt. Dort wird man mit dem Leitspruch begrüßt: "Schafft hier das Leben gut und schön, kein Jenseits ist kein Aufersteh'n". Die Annäherung an den fremden Ort ist der Art und Weise von Herrn Goetschs Schreiben ähnlich: (Thema) umkreisen, Phantasie spielen lassen, genaues Erforschen.

 

Bei Björn Treber gibt es viel Wald und erstmal zwei Schnäpse, dann einen Rundgang durch eine vermutlich nicht mehr bewohnte Wohnung, in der ein Fernseher läuft, ein Buch "Rommel 1917" und eine Auszeichnung für 40jährige Mitgliedschaft zu sehen sind.

Schlusssatz: "Sie singen nur für ihn."

 

Von Ferdinand Schmalz und John Wray liegen (noch?) keine Videoclips vor.

 

Die alte und immer gleiche Frage: Sollen die audio-visuellen Visitenkarten der AutorInnen ernstzunehmende Hinweise auf die jeweilige Person und auf deren Texte liefern, oder der sollen sie unterhalten, schräg und nicht unbedingt verständlich sein? Brauchen wir das oder kann das weg? Kunst, Info oder (höherer) Blödsinn? Was meinen Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser?

 

Eine leicht veränderte Version dieses Beitrags ist auf literaturcafe.de nachzulesen.

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