"Von Beruf Schriftsteller" (Haruki Murakami)

Seit 2012 zählt Haruki Murakami zu den Hauptanwärtern auf den Literaturnobelpreis.

Viele Wettbüros hatten ihn auch 2016 wieder unter den Top Three. Dass im DuMont Verlag, bei dem die Werke Murakamis in deutscher Übersetzung erscheinen,  alljährlich kurz vor der Verkündigung in Stockholm der Sekt kalt gestellt wird, um dann nach der Verkündigung nur gegen den Frust heruntergespült zu werden,

hat sich inzwisschen zu einem wenig lustigen Running Gag entwickelt. Wie hoffnungsfroh man in diesem Jahr beim Verlag war, lässt sich daran ablesen, dass der Tag der Nobelpreisverkündigung - der 13. Oktober - als Erscheinungsdatum für Murakamis neue Veröffentlichung gewählt wurde. Es wäre ja  zu schön gewesen.

"Von Beruf Schriftsteller" ist eine Sammlung von elf Essays, die 2015 im japanischen Original, vereinzelt  zuvor schon in der Zeitschrift "Monkey Business" veröffentlicht wurden. Zu erwarten steht zweierlei: Autobiographisches und Autorenberatung. Beides wird geboten, inklusive einiger Stellungnahmen zu Fukushima und dem japanischen Bildungssystem, die hier durchaus entbehrlich sind.

 

Was die Abteilung Autorenberatung betrifft, erfahren Schriftstellerazubis, dass sie - "besonders in jungen Jahren" - alles lesen sollten, was sie in die Finger bekommen,  und alles, was und wer sie umgibt, genauestens beobachten sollten. Desweiteren braucht es langen Atem, Unbeirrbarkeit und körperliches Ausgleichstraining. Begabung ist ein zu kleines Gewicht in der Waagschale eines Berufsschriftstellers. Wer über Jahrzehnte mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt verdienen will, sollte auf handwerkliche Technik und Routine setzen. Während der Arbeit an einem Roman schreibt Murakami täglich zehn Blätter japanischen Manuskriptpapiers, die pro Blatt 400 Zeichen fassen (= ca. zweieinhalb Normseiten Tagespensum).

 

Der Weg zum eigenen Stil verlief für Murakami, ähnlich wie z.B. auch für Ágota Kristóf, über den Umweg des Schreibens in einer fremden Sprache. Seinen ersten Roman schrieb er noch einmal in (einem einfachen) Englisch, "übersetzte" ihn dann ins Japanische und fand darüber zu seinem eigenen"neutralen" Stil, "der auf überflüssige Schnörkel verzichtete." Interessanterweise schreibt Murakami seine Romane im Ausland (USA, Europa), was er zum Teil mit der scharfen Kritik, die ihm in Japan entgegenschlägt, begründet. Der Prophet im eigenen Land ...

 

In der Abteilung Autobiographisches erfahren wir von einer Art Bekehrungserlebnis als Initialzündung, fortan Romane zu schreiben, von Murakamis Umgang mit (Literatur-)Kritik, von seiner Vorliebe für Jazz, seiner Liebe zu Frauen, vor allem zu seiner Ehefrau, von seiner Schüler- und Studentenzeit und auch Einiges darüber, wie er sich selbst sieht. "Ich halte mich vornehmlich für einen Katzencharakter. Sobald mir jemand sagt, ich solle nach links gehen, gehe ich nach rechts und umgekehrt." Schaut man sich Murakamis rege genutzten Twitter Account an, stößt man auf knapp 152 000 Follower. Murakami selbst folgt niemandem. Katze eben.

 

(Haruki Murakami: Von Beruf Schriftsteller. Essays: DuMont Buchverlag 2016

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