Jenseits des Großburgwedels - 2

Um 8.45 Uhr hat das Buch „Jenseits des Protokolls“, das heute er­scheint, auf der Amazon-Seite bereits 119 Kundenrezensionen und kommt in der Gesamtwertung auf anderthalb Sterne.

Freut man sich da als Autorin oder ärgert man sich eher? Viele Bü­cher verkaufen, viel Geld verdienen, ist gewiss etwas Tolles. Aber wenn alle nur die Köpfe über einen schütteln und abwinken, ist das gewiss völlig untoll. Für mich wäre das so. Wem Anerkennung je­doch piepegal ist, der freut sich uneingeschränkt über die Piepen und macht beim Hinweis auf die schlimmen Kritiken nur eine schnelle Winkbewegung über die Schulter. (Für die Lektüre merke ich mir: „Wie hält es Frau Wulff mit dem Thema „Anerkennung“?)

 

Bis der Postbote kommt, kann ich schnell noch erklären, was es mit „dem Hähnchen“ auf sich hat:

Frau Wulff klagt gegen Google, weil die Vervollständigungsfunktion der Suchmaschine nach dem Ein­tippen der Buchstaben „be“ sogleich die Kombinationen „bettina wulff prostituierte“ und „bettina wulff escort“ anbietet. Diese Kom­binationen des automatischen Algorithmus` kommen aufgrund der Einträge von Google-Nutzern zustande. Angesichts des verständli­chen Wunsches von Frau Wulff, andere Suchvorschläge zu finden, wenn sie sich googlet, hat der Werbetexter Peter Breuer vorge­schlagen: „Warum also nicht eine künstliche Nachfrage nach einem Suchbegriff erzeugen und künstliche Inhalte generieren, die etwas behaupten, was purer Nonsens ist? Und zwar mit so viel Lärm und Lust am Spiel, dass es die Suchmaschine verwirrt. (…) Und warum nicht einfach mal en passant behaupten, dass Bettina Wulff lecker nach Hähnchen schmeckt?"

Schon ging das Twitter-Gewitter los. Es blitzte und donnerte aus den communities. Emsig tippten Eingeweihte diese Botschaft in ihre Rechner: "Bettina Wulff schmeckt nach lecker Hühnchen." Ich schau grad mal nach, ob der Algorithmus überwältigt wurde - - - - - Nee. Immer noch die schlimmen Sucheinträge, und wenn ich "H" wie Hühnchen eingebe, werden "Hostess" und "Hitlergruß" angeboten. Aua. Also liebe Internetfreunde und -freundinnen: Immer schön weiter alternative Einträge bei der "Bettina-Wulff-Suche" eingeben und natürlich nur positive, wie z.B. "Maschmeyer", "Co-Autorin", "Kleiderausleihe", "Doppelpack" oder "schönes Klinkereigenheim".

 

Gerade ist die Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2012 bekannt gegeben worden:

 • Ernst Augustin: Robinsons blaues Haus (C.H.Beck, Januar 2012)

• Wolfgang Herrndorf: Sand (Rowohlt.Berlin, November 2011)

• Ursula Krechel: Landgericht (Jung und Jung, August 2012)

• Clemens J. Setz: Indigo (Suhrkamp, September 2012)

• Stephan Thome: Fliehkräfte (Suhrkamp, September 2012)

• Ulf Erdmann Ziegler: Nichts Weißes (Suhrkamp, August 2012)

Ich tippe mal auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Herrndorf und Setz. Wahrscheinlich bekommt Setz den Preis. Ein Gewinner steht bereits jetzt fest. Er heißt: Suhrkamp.

 

Da klingelt der Postbote und bringt eine Büchersendung vom Münchner riva Verlag. Donnerwetter. Die sind ja wirklich schnell!Ich schaue nochmal kurz auf die Amazon-Produktseite von Frau Wulff: 160 Kundenrezensionen, 16 x *****, 1 x ****, 5 x ***, 1 x **, 137 x *. Ganz viel Boshaftes und Zorn und Krawall. Ganz we­nig Lektüre und Inhalte und Diskussion.

Ich halte mich an die alte Empfehlung: „Tolle et lege!“ und ziehe mich darob ein wenig zurück.

Bis gleich!

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Atalante (Dienstag, 25 September 2012 13:14)

    Ich tippe auf Thome, nicht weil ich den Roman toll fand, toll fand ich, was nicht mehr auf der Liste steht, Angelika Meiers Zitateroman.

    Bevor ich weiterlese, versuche ich es mal mit dem Hähnchen.