Quäker II
Zuerst der Friedhof, dann das Versammlungshaus. Mit dieser ungewöhnlichen Reihenfolge einer Ansiedlung beginnt die Geschichte der Quäker in Bad Pyrmont.
1791 hatten sie im nahegelegenen Friedensthal eine eigene Kolonie gegründet, nachdem Fürst Friedrich von Waldeck und Pyrmont eine entsprechende Duldungsakte erlasssen hatte. Drei Jahre später legten sie auf dem noch heute im Besitz der Quäkergemeinde befindlichen Grundstück in Pyrmont einen Friedhof an, neben dem im Jahre 1800 das Versammlungshaus („Quäkerhaus“) errichtet wurde.
Mit dem Bau des Versammlungshauses war (auch) die Hoffnung verbunden, dass von dem Haus eine missionarische Wirkung auf die zahlreichen Kurgäste ausgehen würde. Bad Pyrmont galt zu jener Zeit als das mondänste Bad Europas. Man möchte meinen, nahezu jeder, der im 18./19. Jahrhundert in Sachen Dichtung, Philosophie oder Adelsgeschlecht Rang und Namen hatte, habe hier einmal verweilt und vom eisenhaltigen Wasser des „Hylligen Born“ gekostet. Nicht wenige von ihnen zeigten Interesse an der Lebensweise der Quäkergemeinde, unter anderem Goethe und Königin Luise.
„Nun komm doch endlisch uff de Punkt“, so in etwas würde mein Tischgegenüber Heiner jetzt sagen, wenn ich noch weiter ausholen würde. Er hätte ja Recht. Schließlich will ich hier keinen kleinen Baedecker Stadtreiseführer Bad Pyrmont, Themenschwerpunkt „Quäkerhaus“, schreiben. Aber ich erlaube mir zumindest noch den Hinweis, dass besagtes Versammlungshaus nicht nur das einzige und älteste erhaltene Quäkerhaus im deutschsprachigen Raum ist, sondern neben dem „Quäkerbüro“ in Berlin das zweite Zentrum der deutschen Quäker-Gemeinschaft (ca. 300 Mitglieder) ist. Hier finden die meisten Jahresversammlungen statt.
Sorry Heiner, aber ein paar Einzelheiten über die „Zitterer“ (engl. Quäker) muss ich noch loswerden, schließlich habe ich ganz schön viel über sie wikipediert:
Es heißt, unser Brauch, beim Begrüßen einander die Hände zu schütteln, sei durch die Quäker verbreitet worden, die dies als Ausdruck der Gleichheit verstanden und sich konsequent weigerten, vor jemandem den Hut zu ziehen, jemanden zu siezen oder Titel zu verwenden. Hätten Sie´s gewusst? Ich nicht.
Neben der „Equality“ gehören noch „Peace, Integrity und Simplicity“ zu den vier Grundsätzen der Quäker. (Ich habe im Internet Anbieter gefunden, die Tassen, Schlüsselanhänger, Krawatten, T-Shirts mit diesem „Quakers Motto“-Aufdruck verkaufen. Ob ich mir davon etwas bestellen und den Daheimgebliebenen als Kurpräsent mitbringen sollte? Gegen das Motto ist ja nichts zu sagen. Passt immer. Das würde gewiss auch Karl Lagerfeld auf ein Chanel-Jäckchen sticken lassen können. Blöd nur, dass ich etwas gegen Botschaften auf
Gebrauchsgegenständen habe ...).
Übrigens ist mir aufgefallen, dass der britische Schauspieler Sir Ben Kingsley (spätestens) nach seinem Gandhi-Film immer so karg und einfach gekleidet und frisiert herumlief. Da dachte ich, das hat er von Gandhi oder vom in Hollywood ebenso beliebten Buddhismus. Alles Quatsch! – Ja, tatsächlich! Ben Kingsley ist ein waschechter Quäker!
Ich hör hier jetzt mal auf mit dem Quaken über die Quakers. Wer noch mehr über sie wissen möchte, kann sich dann vertrauensvoll an mich wenden.
Ach ja, und wer die Äuglein verdreht haben sollte ob meiner Unkenntnis in Sachen „12 Schritte 12 Traditionen“ – von wegen geheimbündlerisches Ritual (siehe vorherigen Blogeintrag) – , dem
proste ich an dieser Stelle rotweinschwenkend zu und rufe aus: „Da scheint ihr ja wohl ein kleines Problem zu haben, wenn ihr so etwas wisst! Ich wusste es bis dato nicht! Hicks!“
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